21. Dezember: Fanny Lewald, Jenny (Reclam)
Über Fanny Lewald habe ich vor vielen Jahren mein allererstes WDR-ZeitZeichen geschrieben und mich daher sehr gefreut, als dieses Buch vor kurzem überraschend bei mir landete.
Fanny Lewald gehört, wie neben Hedwig Dohm und einige andere, zu den spannenden Autorinnen des 19. Jahrhunderts, weil sie sich schon sehr früh für Mädchenbildung eingesetzt und gefordert hat, Frauen sollten in die gesellschaftliche und politische Verantwortung einbezogen werden. Sie ging dabei durchaus kritisch mit den Frauen des Bürgertums um, erklärte aber auch, dass Frauen, deren Geist nie gefordert wurde, dadurch oft eine beschränkte Sicht auf die Dinge haben müssen.
Die Roman-Heldin Jenny stammt aus einer reichen jüdischen Familie, und verliebt sich – gegen die damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten – in einen Pfarrer. Mit der Verlobung werden Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit in Preußen um 1843 noch einmal besonders deutlich. Das Bestechende an diesem Buch ist: Fanny Lewald erzählt aus eigener Erfahrung, sie nimmt uns mit in ihre Welt der preußischen Gesellschaft. Der Schreibstil des 19. Jahrhunderts kommt einem zuerst vielleicht etwas wortreich vor, aber es ist ein Genuss, dieses Buch zu lesen. Vor uns entfaltet sich der bürgerliche Alltag vor der 1848er Revolution, in der Menschen mit großen Visionen auf dumpfe Kleingeister treffen. Für Jenny gehörten Judenemanzipation und Frauenemanzipation untrennbar zusammen.
#marensadventskalender2023
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