7. Dezember
Alain Claude Sulzer
Doppelleben (Galiani Berlin)
Den französischen Literaturpreis Prix Goncourt kennt man, aber wer kennt eigentlich die Brüder Goncourt, nach denen der Preis benannt ist? Ich kannte sie jedenfalls nicht, bis jetzt. Claude Alain Sulzer, der so wunderbare Bücher geschrieben hat wie „Aus den Fugen“ oder „Zur falschen Zeit“, erzählt uns die die Geschichte der Brüder Jules und Edmont Goncourt. Sie leben seit dem Tod der Eltern zusammen und teilen alles: Geschmack, Geliebte, Freundeskreis, Interessen. Sie lieben die Kunst und den intellektuellen Austausch, genießen aber auch den Klatsch. Sulzers Quelle sind die akribisch geführten Tagebücher der Brüder. Seine Erzählung setzt da ein, wo die Idylle zerbricht: Jules wird sehr krank und es gibt keine Heilung.
Parallel dazu erzählt Sulzer das Leben der Dienstmagd Rose, deren Abstieg in die Hölle direkt vor den feinen Nasen der beiden Brüder stattfindet – ohne, dass sie etwas davon bemerken. Roses Schicksal wird dann aber später zum Vorbild für den Roman “Germinie Lacerteux” der Brüder Goncourt. So passt der Titel “Doppelleben” gleich auf mehreren Ebenen.
Es ist nicht unbedingt ein Buch, das mich fröhlich gestimmt hat. Eher ist es ein faszinierender und manchmal auch erschreckender Blick in das Paris einer vergangenen Epoche. Sulzer hebt für uns den Samtvorhang mit sehr feiner Geste und man kann nicht anders, als ganz still dort zu stehen und zuzuhören.
#MarensAdventskalender2022
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