24. Dezember
Stephanie Hauschild, Stefan Lochner. Erster deutscher Meister (Greven Verlag)
Gute Nachbarschaft ist etwas Feines. Drei Minuten von meinem Kölner Büro entfernt liegt die Lengfeld‘sche Buchhandlung, in der ich sehr gerne und sehr häufig stöbere. Dabei habe ich dieses Buch entdeckt. Passenderweise liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen Büro und Buchhandlung das Museum Kolumba. Dort hängt die Madonna mit dem Veilchen von Stefan Lochner.
Oft, wenn ich am Kolumba vorbeigehe, um mir einen Kaffee bei Espresso Perfetto zu gönnen, denke ich, dass ich der Madonna eigentlich mal wieder einen Besuch abstatten könnte. Auch wenn das Museum jedes Jahr eine neue Ausstellung präsentiert, bleiben ein paar Arbeiten immer an ihrem Platz, und die Madonna gehört dazu. Wenn man vor ihr steht, kann man übrigens sehr schön auf den Dom herüberschauen.
Dieses Buch ist nicht einfach nur ein neuer Bildband über Stefan Lochner, sondern er hat eine spezielle Fragestellung. Stephanie Hauschild will die Gemälde Lochners – von denen keines mehr an dem Ort hängt, für den es einmal gedacht war – wieder an ihre ursprüngliche Bedeutung anbinden. Wer gab sie in Auftrag und wo sollten sie hängen? Was erzählen die Bilder über den Ort, für den sie gedacht waren? Welche Funktion sollten sie haben, mit welcher Botschaft wurden sie betraut? Das ist eine spannende Spurensuche, die zumindest mir mehr Spaß macht, als wenn es nur darum ginge, wie schön jedes dieser Gemälde ist.
Die Madonna mit dem Veilchen wurde von Äbtissin Elisabeth von Reichenstein für St. Cäcilien in Auftrag gegeben, eine Kirche, in der heute das Schnütgen-Museum untergebracht ist. Vielleicht hing es dort an einer der Säulen, weil es so schmal und hoch ist.
Was ich besonders liebe, sind die Detail-Aufnahmen im Buch: Der winzige Engel mit der Laute und dem Kirschmund, die kleine Erdbeere, der Hirschkäfer.
Für die Menschen des Mittelalters gab es keine heile Welt auf Erden, deshalb werden ihre Bilder von hässlichen Monstern und grimassierenden Soldaten bewohnt, die den sanftmütigen Heiligen gegenübertreten. Genau wie Gedichte müssen wir auch diese Bildwelten für uns erschließen und übersetzen. Das ist das Abenteuer, zu dem Bücher wie dieses uns einladen.
Und nun bedanke ich mich bei fürs Zuhören, Mitlesen und Kommentieren, für Lob und Kritik, für Herzen, Flammen, Fragezeichen und Anregungen.
Ich wünsche Ihnen und Euch allen frohe, friedliche und gesunde Weihnachten!
#MarensAdventskalender2021
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