20. Dezember
Uwe Wittstock, Februar 33. Der Winter der Literatur (C.H. Beck)
Der 30. Januar 1933 markiert einen Wendepunkt, den Beginn der dunkelsten Epoche unserer Geschichte. Wir kennen die Vorgänge, wissen um die Drahtzieher, die Versäumnisse. Kennen die Gesetze, die kurz darauf eine Republik in eine Diktatur verwandelten. Doch wie genau erlebten die Menschen – speziell die Schriftstellerinnen und Schriftsteller – die ersten Tage und Wochen nach dem 30. Januar 1933? Remarque setzt sich schon einen Tag vor der Ernennung Hitlers in seinen Lancia und fährt in die Schweiz, Joseph Roth kauft sich ein Ticket nach Paris. Aber viele andere zögern, warten ab, hoffen, schmieden Pläne, fahren mit der U-Bahn durch Berlin, betrinken sich oder verstecken sich in Hotels, weil sie fürchten, dass die SA vor ihrer Wohnungstür wartet. Uwe Wittstock nimmt uns mit auf eine beklemmende Zeitreise. Und obwohl wir wissen, wie es ausgeht, ist es unglaublich spannend, Bertolt Brecht, die Manns, Mascha Kaleko, Ernst Toller und viele andere durch diese Wochen zu begleiten, in denen jeder auf seine Weise – abhängig von Temperament und Einschätzung der politischen Lage – versucht, sein Leben und seine Selbstachtung zu retten. Sie sitzen in der Falle, doch nicht allen ist es sofort klar. Deshalb wirkt die Sitzung, bei der Heinrich Mann aus der Akademie der Künste gedrängt wird, quälend langsam. Man möchte sie alle aufscheuchen und ihnen zurufen: „Macht, dass ihr wegkommt!“
#MarensAdventskalender2021
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