1. Dezember
Jasmin Schreiber: Marianengraben
Es gibt Verluste, die sind so schmerzhaft, dass sie einen in die Tiefe des Meeres schleudern, tiefer als tief, bis zum Grund des Marianengrabens. So jedenfalls fühlt es sich für Paula an, und daher beginnt das erste Kapitel mit der Zahl 11000, denn so viele Meter ist der Graben tief.
Wie Paula langsam, sehr langsam von dort unten den Weg nach oben und zurück ins Leben findet, erzählt dieser komische und zugleich tieftraurige Roman. Er ist ein literarisches Roadmovie, das nachts auf einem Friedhof beginnt, wo sich zwei Menschen treffen, die nichts verbindet als die Erfahrung von Verlust. Dass die junge Frau und der alte Mann gemeinsam eine Urne ausgraben und sich auf den Weg in die Berge machen, um eine Tote nach Hause zu bringen, folgt der Logik ihrer beider Fokussierung auf die Toten. Auf ihrer seltsamen Reise erleben sie nicht nur absurde Situationen wie die „langsamste Verfolgungsjagd der Welt“, sondern sie zwingen sich gegenseitig zum Reden. Am Ende sind alle Toten immer noch tot und es sind sogar noch mehr als am Anfang. Aber Hoffnung gibt es auch. Wenn einer tot ist, kann der andere ihn ja weiter lieben. „Dann geht das schon.“
Für die Empfehlung von Marianengraben – während des 1. Lockdowns als Video aus ihrer Buchhandlung – danke ich Dorothee Junck vom Buchladen Neusser Straße (Köln-Nippes)
Jasmin Schreiber
#MarensAdentskalender2020
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