10. Dezember.
Sally Rooney: Gespräche mit Freunden
Selten ist mir ein Buch so ans Herz gelegt worden wie dieses. Deshalb habe ich es dann auch gleich gelesen, war sofort fasziniert und hatte es in wenigen Tagen durch. Es ist glänzend geschrieben, keine Frage. Es bildet das moderne vielschichtige Kommunikationsmuster ab, dem wir alle folgen, Gespräche, Mails, Telefonate, Schweigen. Es erzählt von Frances, einer jungen Autorin in Dublin, deren Leben sich zwischen Uni, Praktikum, Lesungen und Partys bewegt. Frances hat – wie alle in ihrer Szene – sehr klare Meinungen über politische Fragen, Kunst, Gender und Literatur. Doch ob sie von einem anderen Menschen Freundschaft, Liebe oder Sex will, das scheint sie manchmal aus dem Moment heraus zu entscheiden. Sie ist eine Frau, die sich ständig ihrer eigenen Befindlichkeit bewusst ist, zumal sie ein paar tiefe Verletzungen durch die Eltern erlitten aber überhaupt nicht verarbeitet hat. Eigentlich scheint sie sich nicht einmal dessen bewusst zu sein, wieviel fremdbestimmte Blockaden sie in ihre Beziehungen einbringt. Frances will lieber cool als leidenschaftlich und verletzbar sein und das ist der Grund, warum ich mit ihr bis zum Schluss nicht richtig warm werde.
Muss man dieses Buch wirklich als Roman über die Generation Y lesen? Ich glaube nicht. Wenn das so wäre, dann könnten die griechischen Klassiker einpacken. Solche Menschen hat es doch schon immer gegeben, auch bevor es mails oder whatsapp gab. Gehe ich also davon aus, dass die Menschen im Prinzip sind wie sie sind, dann kann man den Frances‘ dieser Welt nur wünschen, dass sie irgendwann keinen Bock mehr auf Spielchen haben und die Frage, „Wie wirke ich auf andere?“ weniger wichtig wird als die Frage „Worum geht’s hier eigentlich beim großen Abenteuer Leben?“
#MarensAdventskalender2020
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